Drechselwerkzeuge schärfen – Schleifbock und Nassschleifsystem
Das Schärfen der Drechselwerkzeuge ist ein entscheidender Arbeitsschritt für ein erfolgreiches Arbeiten an der Drechselbank. Was für den einen das schlichte Mittel zum Zweck ist, kann für den anderen eine Philosophie sein. Ebenso gespalten sind die Gemüter, wenn es um die Frage des Schleifmediums oder die Wahl der Schleifmethode geht: nass oder trocken? Lassen Sie sich nicht zu sehr von der Fülle der Möglichkeiten und der Angebotsvielfalt verunsichern, sondern machen Sie Ihre eigenen Erfahrungen.
Das Scharfhalten der Werkzeuge ist jedenfalls, neben dem eigentlichen Drechseln, die wichtigste Tätigkeit und hängt unmittelbar mit dem guten Gelingen einer Drechselarbeit zusammen. Viele Amateure vernachlässigen die Schneiden ihrer Werkzeuge und haben daher, selbst bei idealer Werkzeugführung, keine Möglichkeit einen sauberen Span zu schneiden. Zwangsläufig wird das Werkzeug in eine schabende Position gebracht, um dann fälschlicherweise einfacher arbeiten zu können. Faserausrisse und Unebenheiten sind die Folge und es muss anschließend sehr viel Zeit und Mühe in die Schleifarbeit investiert werden. Teilweise sind diese „Drehspuren“ nicht ohne gravierende Formveränderungen zu beseitigen und das Werkstück bleibt trotz größtem Aufwand unfertig und rau. Wer sich mit dem Schärfen seiner Werkzeuge ausgiebig beschäftigt, kann hingegen sehr sauber geschnittene Flächen und Profile drechseln und reduziert dadurch die Nacharbeit mit Schleifmedien auf ein Minimum. Einsteiger sind daher gut beraten, neben den Techniken des Drechselns in gleicher Weise auch das Werkzeugschärfen zu lernen und sich dieses durch Übung zu verinnerlichen.
Frei Hand oder mit Vorrichtung?
Ein Schleifbock sollte trotz der vielen modernen Schleifsysteme auch heute in keiner Drechselwerkstatt fehlen. Fabrikneue Werkzeuge werden heute zwar seltener, aber dennoch vereinzelt mit einer eher grob zugeschliffenen Schneidenfase ausgeliefert, die vor dem ersten Einsatz in Form gebracht werden muss. Immer wieder kommt es auch vor, dass in das Holz eingewachsene Steine oder Metallteile die Schneide ruinieren. Auch dann muss viel Material des Stahls abgetragen werden, was mit einem Schleifbock in kurzer Zeit erledigt werden kann. Mit zunehmender Erfahrung kann in bestimmten Situationen vielleicht auch einmal eine Schneide kurzfristig umgeschliffen werden, um damit eine spezielle Aufgabe erledigen zu können. Vielleicht packt Sie aber auch einfach der Ehrgeiz und Sie möchten trotz aller im Handel angebotener Vorrichtungen das Schärfen der Drechseleisen frei Hand erledigen. Da das Schärfen von Hand an einem schnell laufenden Schleifbock jedoch viel Routine benötigt und die meisten ungeübten Amateure große Schwierigkeiten damit haben, werden heute auch in diesem Bereich eine große Anzahl von Schärfhilfen und Vorrichtungen angeboten. In der Regel wird hier das Werkzeug in eine Halterung eingespannt und entsprechend der Schneidengeometrie an einem Schleifmedium entlanggeführt. Vorausgesetzt alle Parameter für das zu schärfende Werkzeug wurden vom Anwender vorab richtig eingestellt, ist die Wiederholgenauigkeit sehr hoch und damit die Schneidengeometrie immer gleichbleibend. Vielen Drechslern bietet dies eine enorme Erleichterung beim Schärfen der Drechseleisen. Die eventuellen Schwierigkeiten reduzieren sich hierbei auf die praktische Umsetzung der mitgelieferten Anleitung und die begrenzten Gestaltungsmöglichkeiten einer vorgegebenen Werkzeugführung.
Drechselwerkzeuge am Schleifbock schärfen
Doppelschleifer – rechts und links jeweils eine Schleifscheibe – waren bis vor weniger Jahren meist Schnellläufer mit einer Drehzahl zwischen 2 500 und teilweise über 3 000 U/min. Drechselwerkzeuge daran zu schärfen erfordert besondere Routine und Feingefühl. Schnell ist die ursprüngliche Form der Schneide verschliffen oder der Stahl wird bei zu viel Druck gegen den Stein zu heiß und läuft blau an. Dann spricht man vom Ausglühen des gehärteten Stahls, wodurch sich die Materialstruktur negativ verändert und mit verkürzter Standzeit quittiert wird.
Beim Kauf eines neuen oder auch gebrauchten Schleifbocks, sollten Sie ein Gerät mit maximaler Drehzahl von 1 700 U/min wählen. Ideal sind sogenannte Langsamläufer mit einer Drehzahl von +/- 1 500 U/min und einem Schleifscheibendurchmesser zwischen 150 und 250 Millimetern. Um möglichst viel Fläche für das Ansetzen der Werkzeuge zur Verfügung zu haben, sollten die Schleifscheiben eine Breite von etwa 30 bis 40 Millimeter aufweisen, also nicht zu schmal sein. Für die Bearbeitung von HSS-Stahl, aus dem mittlerweile beinahe alle Drechselwerkzeuge gefertigt werden, sollte der Schleifbock mit mindestens einer Edelkorundscheibe bestückt sein, die meist weiß oder auch rosa eingefärbt sind. Die gängigen grauen Schleifscheiben aus Normalkorund sind nur für das grobe Umformen der HSS-Werkzeugschneiden geeignet. In der Praxis hat sich die Kombination aus einer Normalkorundscheibe mit Körnung 30 oder 46 für allgemeine Metallarbeiten und einer Edelkorundscheibe der Körnung 60 oder auch 100 für das Schärfen der Werkzeuge bewährt. Dazu sollte man auch Folgendes bedenken: Je feiner die Körnung gewählt wird, umso feiner wird natürlich auch das Anschliffbild. Dies wirkt sich zwar positiv in der Schärfe der Werkzeuge aus, bedeutet aber auch zwangsläufig weniger Kühlung des Stahls und somit die große Gefahr vor dem oben erwähnten Ausglühen.
Bei jeder Neumontage einer Schleifscheibe sollten Sie diese dringend auf Mikrorisse prüfen. Diese unsichtbaren Beschädigungen können zu Bruch und somit zu großer Unfallgefahr führen. Nehmen Sie dazu die Schleifscheibe aus der Verpackung und stecken Sie diese auf einen Rundstab. Beim seitlichen Klopfen mit einem Holzstiel oder nicht metallischen Hammer an unterschiedlichen Stellen sollte jeweils ein klarer Glockenklang entstehen. Hört man hingegen nur einen dumpfen kurzen Ton, darf die Scheibe nicht verwendet werden! Vor dem ersten Einsatz der Scheibe auf dem Schleifbock sollte zusätzlich ein Probelauf von etwa fünf Minuten ohne Belastung ausgeführt werden. Zeigen sich hier keine Probleme, kann an der Schleifscheibe unter Berücksichtigung der üblichen Sicherheitsvorkehrungen wie Schutzbrille und Atemschutz gearbeitet werden. Enganliegende Kleidung, das Abnehmen von Schmuckstücken und falls nötig, zusammengebundenes Haar sind dabei für den Anwender ebenfalls zwingende Voraussetzungen.
Beim freihändigen Schärfen der Werkzeuge am Schleifbock muss ausreichend Aktionsradius zur Verfügung stehen. Dies gilt frontal, aber auch links und rechts der Schleifscheibe, denn je nach Schneidenform muss das Werkzeug hierzu in gleichmäßigen und flüssigen Bewegungsabläufen geführt werden können. Jede noch so geringe Beeinträchtigung sorgt hierbei zu einer Formveränderung der Schneide. Die Handhabung ist ähnlich wie beim Drechseln. Eine Hand hält das Werkzeug locker in Position auf einer Werkzeugauflage vor der Schleifscheibe und bildet somit den Drehpunkt, während die andere Hand gemeinsam mit dem gesamten Körper des Drechslers für den Bewegungsablauf zuständig ist.
Es empfiehlt sich, die ersten Übungen z. B. mit einer Schruppröhre zu machen, da die Schneidenform hier recht einfach nachzuvollziehen ist. Darauf kann dann aufgebaut werden, um später zu komplexeren Schneiden, wie denen von Form- oder Schalenröhre überzugehen. Ziel sollte sein, an den Werkzeugen eine gleichmäßig durchgehende Schneidenfase anzuschleifen. Der Stahl wird dabei nur mit sanftem Druck am Stein entlanggeführt, um möglichst wenig Hitze entstehen zu lassen. Das wiederholte Abkühlen der Werkzeugspitzen in einem Behälter mit Wasser ist umstritten, da bei gewissen Temperaturen das „Abschrecken“ wiederum negativen Einfluss auf die Härte des Stahls nehmen kann.
Die Scheiben des Doppelschleifers drehen sich in aller Regel der Schneide entgegen, dennoch entsteht dabei ein deutlicher Grat an der Werkzeugspitze. Dieser kann, um dadurch eine Steigerung der Schnittqualität und höhere Standzeiten zu erreichen, an einer Leder- oder Filzscheibe abgezogen werden. Manuell kann man dies auch mit einem in Terpentin oder Wasser eingelegten Abziehstein (z. B. Arkansas) erledigen. Das erneute Abziehen der bei der Arbeit nachlassenden Werkzeugeschneide kann diese darüber hinaus bis zu einem gewissen Maß erneuern.
Drechselwerkzeuge mit Nassschleifsystem schärfen
Die Arbeit mit einem nassen Stein ist eigentlich die ursprünglichste Art des Werkzeugschärfens und daher keine Erfindung der Neuzeit. Die Firma Tormek hat dieses erfolgreiche Prinzip vor über 40 Jahren neu aufgenommen und seither bis ins kleinste Detail weiterentwickelt. Das System bietet heute patentierte Vorrichtungen für die unterschiedlichsten Drechselwerkzeuge an, die alle auch sehr große Gestaltungsspielräume für die variablen Anschliffformen bieten. Selbst absolute Laien können somit nach Anleitung Werkzeuge in höchster Präzision schärfen. Darüber hinaus bringt das Prinzip des Werkzeugschärfens an einem langsam drehenden, wassergekühlten Schleifstein einige deutliche Vorteile. Wie beispielsweise der geringe Materialabtrag und somit die bestmögliche Kontrolle über den Schleifvorgang. Es besteht auch keinerlei Gefahr einer Überhitzung der Schneide. Und ist einmal die Schneidenform vorbereitet, sorgen die Vorrichtungen für exakte Wiederholgenauigkeit. Beim Nassschärfen können Schleifscheiben in deutlich feineren Körnungen (K 220 und feiner) verwendet werden, die ein sehr feines Schleifbild produzieren, und wodurch die Schneidenschärfe positiv beeinflusst wird. Auch wenn die Verwendung und Einstellmöglichkeiten der Vorrichtungen anfangs etwas aufwendig erscheint, nutzen mittlerweile auch sehr viele Profis diese Schärfhilfen aus den oben genannten Gründen. Im Schnitt wird das Schleifen der Werkzeuge aufgrund der langsamen Geschwindigkeit auch deutlich sicherer und die Brandgefahr durch Funkenflug ist mit einem Nassschleifsystem praktisch ausgeschlossen.
Den Artikel in voller Länge finden Sie in der Ausgabe 42 des DrechslerMagazins.