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David Ellsworth im Interview
Interview von Stefan Behr
David Ellsworth ist eine Größe des Drechselhandwerks. Seine Arbeiten sowie sein Stil sind weltweit bekannt und wurden vielfach nachgeahmt. Der Amerikaner hat maßgeblich zur Etablierung des Handwerks in der Kunstszene beigetragen. Er ist für das gesteigerte Interesse gedrechselter Arbeiten in Galerien und Museen maßgeblich mitverantwortlich und hat sich für die Vernetzung der Drechsler und die Professionalisierung des Handwerks in Amerika engagiert. Er war Mitbegründer der American Association of Woodturners (amerikanische Drechselvereinigung) und fungierte auch als erster Präsident der Vereinigung.
Sein Durchbruch gelang Ellsworth in den Siebzigerjahren mit Hohlformen, die durch extrem kleine Öffnungen ausgedreht wurden. Heute sind seine Arbeiten in Museen und Galerien auf der ganzen Welt ausgestellt. Im Laufe seiner Drechselkarriere hat der mittlerweile 76-Jährige eigene Werkzeuge und Techniken entwickelt, die sich für die Herstellung seiner Kunstform bewährt haben. Bereits seit 1974 lehrt er seine Drechseltechniken und hat sein Wissen in seinem Buch Ellsworth on Woodturning gebündelt. Heute ist sein Buch ein Standardwerk im Bereich des Drechselns, höchste Zeit also, dass es auch ins Deutsche übersetzt wurde, um seine Methoden und Vorgehensweisen auch dem deutschsprachigen Publikum zugänglich zu machen. Aus diesem Anlass möchten wir Ihnen diesen herausragenden Drechsler einmal genauer vorstellen.
David, seit den Siebzigerjahren lebst Du vom Kunsthandwerk. Wie war das damals? Wie konntest du Dich mit anderen Künstlern austauschen?
Die Siebzigerjahre waren eine Zeit des Experimentierens und Austestens. Das war sowohl in der Gesellschaft wie auch in der Kunst- und Kunsthandwerkerwelt spürbar. Drechseln war noch keine etablierte Sparte im Kunsthandwerk. Die damalige Drechslerszene war eine Ansammlung von mutigen Einzelkämpfern aus unterschiedlichen Ländern. Sie experimentierten mit Ideen und Techniken aus dem Handwerk. Diese Techniken dienten als Basis, um ungewöhnliche und neue Designideen umsetzen zu können. Viele konnten den Begriff „Kunst“ nicht mit gedrehtem Holz in Einklang bringen und betrachteten diese Entwicklung sogar als Gefahr für die Traditionen des Drechselhandwerks. Teilweise wird das heute immer noch so gesehen. Ich bin da anderer Meinung: Kunst und Handwerk gehören für mich zusammen, erst durch die Kombination wurden im Bereich des Drechselns ganz andere Dinge als „schön“ empfunden. Ohne die Vorreiter dieser Zeit wäre es nicht möglich gewesen, das Drechseln auf ein anderes Niveau zu heben. Wir haben keine Traditionen im Handwerk verloren, wir haben einfach nur dessen Dimension erweitert und neue Ausdrucksformen hinzugefügt.
Tausende Menschen fanden zusammen, die sich sonst nie getroffen hätten. Wenn du damals Informationen mit einem anderen Drechsler austauschen wolltest, musstest du zuerst einmal einen finden. Orte der Begegnung waren Kunsthandwerkermärkte und Ausstellungen, für die man teilweise lange Fahrten in Kauf nehmen musste. Allmählich entstanden Gruppierungen und Organisationen, vernetzt auf nationaler und internationaler Ebene. Albert LeCoff aus Philadelphia war beispielsweise einer der aktiven Visionäre und vernetzte Drechsler aus verschiedenen Ländern. Er organisierte Treffen mit Menschen aus der ganzen Welt, um sich über Ideen, Werkzeuge, Kultur, ihre Arbeitsweisen und die Geheimnisse ihrer Arbeit auszutauschen. Galerien begannen, sich für die neuen Formen der Drechselei zu interessieren und organisierten Ausstellungen. Somit etablierte sich das Drechseln Schritt für Schritt als eigenständige Sparte im Kunsthandwerk.
Was wäre dein Rat für Drechsler, die ihre Arbeiten in einer Galerie ausstellen wollen?
Wichtig ist zunächst einmal, Erfahrungen zu sammeln und die eigenen Arbeiten zu präsentieren. Es ist ein wichtiger Bestandteil der eigenen Weiterentwicklung, seine Arbeiten zu zeigen. Das kann schon etwas beängstigend sein, weil man unbekanntes Terrain betritt und nicht weiß, was einen erwartet. Wenn man auf höherem Niveau, also in Galerien akzeptiert werden will, muss man das Unbekannte erforschen. Das ist besonders wichtig für den kreativen Prozess. Wenn wir uns nur mit dem beschäftigen, was es schon gibt und was wir bereits kennen, erkunden wir lediglich das Bekannte.
Gibt es etwas, das die deutschen Leser wahrscheinlich nicht über Dich wissen?
Durch meinen Abschluss in Bildhauerei und Malerei habe ich eine ganz andere Sichtweise auf das Drechseln. Ich bringe eine praktische und eine künstlerische Seite mit an die Drechselbank. Durch die praktische Ausbildung konnte ich Werkzeuge entwickeln, die es mir erst ermöglichten, stark hinterdrehte Formen herzustellen. Meine künstlerische Ausbildung ermöglicht es mir, das Design und die Ästhetik meiner Arbeiten auf eine Stufe mit meinen handwerklichen Fähigkeiten zu stellen.
Sie möchten weiterlesen? Im DrechslerMagazin Ausgabe 52 (Herbst 2020) finden Sie den vollständigen Artikel.
Die deutsche Fassung des Buches Drechseln mit Ellsworth ist beim Ulmer Verlag erschienen und kann ab sofort über unseren Onlineshop bestellt werden.